Der Text hatte es in sich: Über eine tot aufgefundene weibliche Gestalt mit einem Eselskopf frotzelten Philipp Melanchthon und Martin Luther. Sie deuteten das Eselsmonster als „Papstesel“, als von Gott gesandtes Zeichen für die Lasterhaftigkeit der damaligen römischen Kirche. Mit solch radikaler Kritik veränderte das Reformatoren-Duo im 16. Jahrhundert Europa. Auch wenn ihre Absicht zunächst die Reform der alten Kirche und nicht die Schaffung einer neuen war, die Christenheit spaltete sich bald in Katholiken und Protestanten. Wer heute durch Bretten, der Heimatstadt Melanchthons, schlendert, begegnet dem Papstkritiker an allen Orten: Die Hauptstraße ist nach ihm benannt. Auch Schule, Café und Apotheke tragen den berühmten Namen. Vor allem aber zieht das imposante Melanchthonhaus am Marktplatz das Interesse auf sich. Die oberen Stockwerke erinnern mit Bibliothek und Ausstellung an den Gelehrten. Auch die „Europäische Melanchthon-Akademie“ erforscht von hier aus Werk und Wirkung des Humanisten und wirbt für die religiöse und kulturelle Verständigung in Europa.